Chefarzt Thomas Krüger erklärt, welche Krankheiten Zeckenstiche auslösen können und welche Symptome zu beachten sind.
Viele Menschen fürchten sie, die Zecke. Denn von den kleinen Blutsaugern geht eine gewisse Gefahr für Menschen aus. Mit ihren Mundwerkzeugen öffnen Zecken die Haut – der Zeckenbiss. Erst danach bohren sie ihren Stechrüssel in das Gewebe hinein. Dann spricht man von einem Zeckenstich. Infektionen mit Viren oder Bakterien können drohen, weiß Thomas Krüger, Chefarzt der AMEOS Klinik für Neurologie in Ueckermünde. Neben der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) kann ein Zeckenstich unter anderem eine Borreliose zur Folge haben.
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
„Bei FSME ist der Erreger ein Virus“, erklärt der Neurologe, „und die Hauptüberträger sind Zecken, bei denen der Erreger direkt in den Speicheldrüsen sitzt.“
Für die Infektion mit FSME kann Thomas Krüger jedoch Entwarnung geben: „Unsere Region ist für FSME kein Risikogebiet. Momentan liegen die Infektionen in der Uecker-Randow-Region bzw. in M-V bei 0. Sie gibt es bei uns gar nicht“, so der Chefarzt. „Die Hochrisiko- und Risikogebiete liegen eindeutig im süddeutschen Raum.“
In den zurückliegenden Jahren kam es allerdings zu einer Zunahme von FSME-Fällen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Ursächlich dafür scheinen der Klimawandel und die immer milder werdenden Winter zu sein.
Liegt dennoch eine FSME Infektion vor, entwickeln Betroffene ein bis zwei Wochen nach dem Zeckenstich grippeähnliche Symp-
tome mit einem ersten Fiebergipfel, gefolgt von einigen Tagen Beschwerdefreiheit. Dann folgt ein zweiter Fieberschub mit bis zu 41°C Temperatur. Das zentrale Nervensystem ist dann betroffen. „Es können eine Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute (Meningoenzephalitis) oder des Rückenmarks (Myelitis) auftreten“, erklärt der Neurologe. Betroffene klagen über erneutes Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Ausfälle des Nervensystems. „Bei schweren Verläufen kann der Patient intensivpflichtig werden“, so Thomas Krüger. Eine Impfung gegen FSME wird in Deutschland bei Reisen in Hochrisikogebiete empfohlen. Nach einer Infektion mit FSME besteht lebenslange Immunität.
Borreliose
Im Gegensatz zur FSME ist die durch Bakterien verursachte Borreliose überall in Deutschland verbreitet. Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung in Europa. Aber nur etwa 5 bis 35 Prozent der Zecken sind Träger der sogenannten Borrelien. „Unsere Region ist eindeutig ein Risikogebiet für Borreliose-Infektionen. Wobei das Infektionsrisiko in unserer Gegend moderat und als ein mittleres Risiko einer Infektion klassifiziert ist“, so Thomas Krüger. Dennoch werden im AMEOS Klinikum Ueckermünde immer wieder Patienten behandelt, bei denen eine Borreliose diagnostiziert wird.
Der Chefarzt rät, bei einem Zeckenstich nicht in Panik zu verfallen und die Zecke zu entfernen. „Mit einer Zeckenkarte oder einer Zeckenzange lassen sie sich ganz einfach aus der Haut ziehen. Beides ist in der Apotheke erhältlich“, so der Mediziner.
„Um überhaupt eine Borreliose übertragen zu können, muss die Zecke mindestens 12 bis 24 Stunden am Menschen saugen, denn so lange benötigen die Borrelien für den langen Weg vom Darm der Zecke – wo sie sitzen – in das menschliche Gewebe“, so Thomas Krüger.
Der Weg zum Arzt ist nach einem Zeckenbiss in der Regel überhaupt nicht erforderlich. Nur bei eindeutigen Symptomen einer Borreliose sollte der Betroffene sich dem Hausarzt vorstellen. Dazu zählen die Wanderröte, die einige Tage oder Wochen nach einem Zeckenstich ringförmig um die Stichstelle auftritt, oder grippeähnliche Symptome bzw. Gelenkschmerzen.
Nachgewiesen wird eine Borreliose über spezielle Blutuntersuchungen. Behandelt wird eine nachgewiesene Borreliose dann mit speziellen Antibiotika. „Eine gute Therapie, weil es keine Resistenzen gibt“, erklärt Chefarzt Thomas Krüger. „Borrelien reagieren sensibel auf das Medikament. Eine Immunität nach einer Infektion erlangt man bei einer Borreliose leider nicht“, so der Chefarzt. „Einen Impfstoff gegen Borreliose gibt es in Deutschland nicht.“ Von einer prophylaktischen Antibiotika-Therapie nach einem Zeckenstich ohne eindeutige Symptome einer Borreliose rät der Mediziner dennoch ab.
Die gefährliche Form dieser Krankheit ist die sogenannte Neuroborreliose, sie kann zur Hirnhautentzündung oder gar zur Gehirnentzündung führen, erklärt der Neurologe. „Sie kann letztlich lebensgefährlich sein.“ Wird eine Borreliose nicht behandelt, kann das unter anderem zu Gelenkveränderungen und Herzbeschwerden führen.
Grundsätzlich gibt Chefarzt Thomas Krüger also eine gewisse Entwarnung zur Gefahr durch Zeckenbisse in unserer Region. Es gibt keinen Grund, unsere Wälder nicht aufzusuchen und viel Zeit in der Natur zu verbringen. Werden Zecken entdeckt, sollten diese schnellstens entfernt werden. Zudem sind Arztbesuche nach einem Zeckenstich nur erforderlich bei eindeutiger Symptomatik.
Text: Knut Pitz/AMEOS / Fotos: pixabay (1)/AMEOS (1)
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