Die Leitende Oberärztin der Klinik für Neurologie und Leiterin der regionalen Stroke Unit Dr. med. Susanne Letzel klärt zu Symptomen des Schlaganfalls auf.
Jeder Moment zählt: Ein Schlaganfall kann aus dem Nichts kommen und innerhalb von Minuten lebensbedrohlich werden. Allein in Deutschland erleiden jedes Jahr rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Doch oft werden die ersten Anzeichen übersehen oder falsch gedeutet. „Dabei kann rechtzeitiges Erkennen und sofortiges Handeln über Leben und Lebensqualität entscheiden“, betont Susanne Letzel, Oberärztin der Klinik für Neurologie am AMEOS Klinikum Ueckermünde.
„Fast 20 Prozent der Betroffenen sterben in den ersten Wochen nach dem Ereignis“, so die Neurologin. Somit besetzt der Schlaganfall Platz 3 der häufigsten Todesursachen nach Krebs und dem Herzinfarkt, berichtet die Ärztin. „Außerdem leiden 64 Prozent der Überlebenden noch ein Jahr danach an Behinderungen.“
Steige das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, zwar ab dem 65. Lebensjahr deutlich an, so treffe auch jüngere Menschen immer wieder der Schlag.
Was ist ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall ist eine plötzliche Durchblutungsstörung im Gehirn. Dabei wird ein Teil des Gehirns nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Die Folge: Nervenzellen sterben ab – oft innerhalb weniger Minuten, erklärt die Ärztin.
Die häufigste Ursache ist ein Blutgerinnsel, das ein hirnversorgendes Blutgefäß verstopft (ischämischer Schlaganfall). Seltener ist eine Blutung im Gehirn die Ursache, etwa durch ein geplatztes Gefäß (hämorrhagischer Schlaganfall), erläutert sie weiter.
Ein Schlaganfall sei also ein medizinischer Notfall. Je schneller die Behandlung beginnt, desto größer die Chance auf Genesung.
Was sind Risikofaktoren?
Es gibt einige Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit einen Schlaganfall zu erleiden, erhöhen, so die Fachärztin: „Dazu zählen
Bluthochdruck, Diabetes, Vorhofflimmern, Rauchen, Bewegungsmangel, erhöhte Blutfettwerte, Übergewicht und das Alter. Dabei seien alle Risikofaktoren vom Menschen beeinflussbar, außer das Alter. Susanne Letzel kann deshalb nur jedem eine mediterrane Lebensweise, also wenig Stress und eine gesunde Ernährung mit viel Gemüse, empfehlen. Außerdem sollte auf das Rauchen verzichtet und möglicherweise Gewicht reduziert werden. Ebenso sei Bewegung sehr wichtig, um einem Schlaganfall vorzubeugen.
Wie erkenne ich einen Schlaganfall?
„Ein Schlaganfall passiert oft ganz plötzlich – umso wichtiger ist es, die Symptome zu kennen“, sagt Oberärztin Susanne Letzel. Typisch sind Lähmungen oder Taubheitsgefühle, meist einseitig im Gesicht, Arm oder Bein. Auch Sprachstörungen treten häufig auf. Die betroffene Person spricht undeutlich, verwendet sinnlose Wörter oder versteht Gesagtes nicht mehr. Ein schiefer Mundwinkel oder Sehstörungen – etwa Doppelbilder oder halbseitiger Gesichtsfeldausfall – können ebenfalls Hinweise sein. Manche Betroffene verspüren plötzlichen Schwindel, Unsicherheit beim Gehen oder bei einer Hirnblutung heftige, ungewohnte Kopfschmerzen, nennt die Neurologin weitere Symptome.
Zur schnellen Orientierung helfe dann der Merksatz „BEFAST“, abgeleitet aus dem Englischen: B steht für „Balance“ (Liegt eine Gleichgewichtsstörung vor? Links-/Rechtsneigung beim Gehen?), E für „Eyes“ (Augen/Sichtfeld: Liegt eine Sehstörung und / oder ein Sehverlust vor?), F steht für „Face“ (Person auffordern, zu lächeln oder die Stirn zu runzeln.), A steht für „Arms“ (Person soll beide Arme ausstrecken und dann die Handflächen umdrehen.), S steht für „Speech“ (Person soll einen einfachen Satz nachsprechen.) und T steht für „Time“ (Keine Zeit verlieren, sofort den Notruf 112 wählen.). Je schneller ein Schlaganfall erkannt und behandelt werde, desto größer sei die Chance auf Genesung. Hilfreich für die Behandlung im Krankenhaus sei außerdem die Information, wie lange die Symptome beim Betroffenen schon bestehen.
Der Rettungsdienst bringt die Patienten direkt in die Klinik mit einer spezialisierten Schlaganfallstation – einer sogenannten Stroke Unit. „Dort beginnt sofort die Diagnostik – und zwar wird mit einer Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) festgestellt, ob es sich um einen Gefäßverschluss oder eine Hirnblutung handelt“, erklärt Susanne Letzel, Leiterin der regionalen Stroke Unit in Ueckermünde.
Handle es sich um ein verstopftes Gefäß, könne oft ein Medikament, das das Blutgerinnsel auflöst, helfen. In einigen Fällen werde das Gerinnsel jedoch auch mechanisch entfernt. „Dazu wird der Patient dann allerdings nach Greifswald oder Neubrandenburg verlegt“, so die Fachärztin.
Auf der Stroke Unit überwachen Spezialisten rund um die Uhr die Vitalfunktionen der Patienten. In den ersten Tagen beginne dann meist bereits die Rehabilitation – mit Logopädie, Physiotherapie und Ergotherapie. Ziel sei es, Folgeschäden zu begrenzen und die Selbstständigkeit der Patienten wiederherzustellen. „Denn je schneller die Behandlung beginnt, desto besser sind die Chancen auf Erholung“, berichtet die Fachärztin aus Erfahrung.

Text: U. Hertzfeldt / Fotos: Adobe Stock (1), AMEOS (1)

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