Wohlstandskrankheit Diabetes

Oberärztin Dr. Urte Pieper erklärt, dass zu üppige Ernährung, Übergewicht und mangelnde Bewegung die Hauptursachen für Diabetes Typ 2 sind.

Wir leben heute in einer Gesellschaft, in der alles verfügbar ist. Die Supermarktregale sind voll mit Leckereien – gesunden, aber auch mit vielen ungesunden Lebensmitteln. So sind Süßes, Fastfood und ungesunde Softdrinks heute aus vielen Kühlschränken und Haushalten kaum mehr wegzudenken. „Das Überangebot an Nahrung führt dazu, dass Menschen übergewichtig werden“, sagt Dr. Urte Pieper, Oberärztin der Anklamer AMEOS Klinik für Innere Medizin. „Noch dazu kommt der Mangel an Bewegung.“ Damit wären die Hauptursachen für Diabetes mellitus Typ 2, von dem etwa 8,5 Millionen Deutsche betroffen sind, auch schon genannt.

Das ist eine ernsthafte Erkrankung, die von Patienten viel zu oft mit folgendem Satz abgetan wird: „Ach, ich habe ein bisschen Zucker.“ Das lässt die Diabetologin nicht gelten. Denn man kann genauso wenig ein bisschen Diabetes haben, wie man ein bisschen schwanger sein kann, verdeutlicht sie. Bei einem Typ-2-Diabetes sind die Zuckerwerte im Blut erhöht. Unbehandelt kann die Erkrankung nach zehn bis 20 Jahren zu Spätkomplikationen führen. 

Das Tückische ist, erhöhte Blutzuckerwerte verursachen oft lange Zeit keine Beschwerden. Im Körperinneren schädigen sie jedoch langfristig unter anderem die Blutgefäße. Die Folge können ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall sein. Dr. Urte Pieper nennt hier besorgniserregende Zahlen: „Etwa 27 000 Menschen pro Jahr mit Diabetes erleiden einen Herzinfarkt und sogar 45 000 Diabetesbetroffene pro Jahr einen Schlaganfall.“ Ein Grund, warum Chefarzt Thomas Krüger kürzlich zum überregionalen Diabetiker-Tag, organisiert von der Diabetes Selbsthilfegruppe Anklam, zum Thema Schlaganfall und Diabetes in der Peenestadt referierte. Der Chefarzt der Ueckermünder AMEOS Klinik für Neurologie mit zertifizierter Stroke Unit (Schlaganfallspezialabteilung) wusste eine Menge über den Zusammenhang zu berichten. 

Außer Schlaganfälle und Herzinfarkte sind Durchblutungsstörungen eine Spätfolge einer Diabeteserkrankung. Im schlimmsten Fall führen sie dazu, dass Zehen, der Vorfuß oder gar das ganze Bein amputiert werden müssen. Auch Augen, Nieren – bis hin zur Dialyse – oder die Nerven können betroffen sein. 

Um das Schlimmste abzuwenden, ist das rechtzeitige erkennen und das frühzeitige Behandeln der Krankheit notwendig, betont Oberärztin Dr. Urte Pieper. Dabei wird eine personalisierte Medizin, also eine auf den Patienten abgestimmte Therapie, angewandt. „Dazu gehört in jedem Fall eine gute Schulung“, so die Diabetologin. Denn um der Krankheit den Kampf anzusagen, hilft bereits eine veränderte Lebensweise. Dazu zählen eine Ernährungsumstellung und Bewegung. Beides kann den Blutzuckerspiegel senken. Je nach Schwere der Krankheit wird mit Tabletten oder Insulin behandelt, um Spätfolgen zu verhindern oder hinauszuzögern. 

Spricht man bei Diabetes Typ 2  auch häufig von Alterszucker,  so weist Dr. Urte Pieper darauf hin, dass heute auch immer mehr Kinder und Jugendliche von Übergewicht betroffen sind und so schon früh an Diabetes Typ 2 erkranken. „Sie ernähren sich ungesund und bewegen sich zu wenig.“  Das Sofa und die Spielekonsole werden häufig dem Bolzplatz oder dem Spielen an der frischen Luft vorgezogen. Deshalb wünscht sich die Ärztin eine frühzeitige Prävention zum Beispiel in Schulen. Denn regelmäßige Gesundheitsberichte würden zeigen, dass die Zahl der Diabetikerinnen und Diabetiker in Deutschland jährlich ansteigt. 

Auch wenn die Krankheit lange Zeit unentdeckt bleibt und oft ein Zufallsbefund ist, gibt es mehrere Anzeichen, die auf einen Diabetes hinweisen können. So treten bei einem erhöhten Blutzuckerspiegel etwa häufiges Wasserlassen, Durst und trockene, juckende Haut als Symptome auf. Auch Abgeschlagenheit oder schlecht heilende Wunden gehören unter anderem zu den Symptomen.

Während bei einem Typ-2-Diabetes die Zuckerwerte im Blut erhöht sind, weil das körpereigene Insulin nicht ausreichend wirkt (Insulinresistenz), ist Diabetes mellitus Typ 1 eine Autoimmunerkrankung, bei der Betroffene kein oder kaum Insulin produzieren. Die Krankheit entsteht, wenn das körpereigene Immunsystem sich gegen die Insulin produzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse richtet und sie schließlich zerstört. In der Folge kommt es sehr schnell zum Ausbleiben der Insulinproduktion. Menschen mit Typ 1 Diabetes müssen sich also Insulin zuführen, erklärt Dr. Urte Pieper. Sie machen jedoch nur einen Prozent aller Diabetiker aus. 

Text: Uta Hertzfeldt / Fotos: Adobe Stock (1) / AMEOS (1)

Oberärztin Dr. Urte Pieper

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