Der Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der AMEOS Klinika in Vorpommern, Andreas Trupp, klärt zum komplexen Krankheitsbild auf.
Stellen Sie sich vor, Sie gehen in die Küche, um sich einen Kaffee zu kochen. Doch als Sie dort ankommen, haben Sie vergessen, warum Sie eigentlich dort sind. Solche kleinen Gedächtnislücken, die für eine gewisse Tüdeligkeit sprechen, kennt fast jeder. Doch was, wenn diese Momente häufiger werden und auch wichtige Erinnerungen nach und nach verschwinden? Genau das erleben Menschen mit Demenz. Denn das ist eine Erkrankung, die mehr ist als nur „Altersvergesslichkeit“. Sie verändert das Leben von Betroffenen und ihren Angehörigen grundlegend. Aber was genau ist eine Demenz?
„Demenz ist ein Oberbegriff für verschiedene Erkrankungen des Gehirns, die zu einem fortschreitenden Verlust der geistigen Fähigkeiten führen“, erklärt Andreas Trupp, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der AMEOS Klinika Vorpommern. „Die Symptome dafür können je nach Ursache variieren“, ergänzt er. „Häufig umfassen sie Gedächtnisstörungen, Sprachschwierigkeiten, Veränderungen im Verhalten und der Persönlichkeit sowie Schwierigkeiten beim Denken und Problemlösen.“
Wissenschaftlichen Studien zufolge nimmt die Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken, ab dem 60. Lebensjahr exponentiell zu. Der Häufigkeitsgipfel sei schließlich zwischen
dem 80. und 85. Lebensjahr erreicht, so der Facharzt, der ebenfalls zu berichten weiß, dass Frauen häufiger erkranken als Männer.
Formen der Demenz
Alzheimer-Demenz: Das ist die häufigste Form der Demenz. Sie ist charakterisiert durch Ablagerungen im Gehirn, die die Nervenzellen schädigen.
Vaskuläre Demenz: Sie entsteht wiederum durch Durchblutungsstörungen im Gehirn und tritt häufig nach Schlaganfällen oder anderen Gefäßschäden auf.
Lewy-Körperchen-Demenz: Diese Form der Demenz wird verursacht durch Eiweißablagerungen im Gehirn. „Symptome dafür sind Halluzinationen, Schlafstörungen und Bewegungseinschränkungen“, verdeutlicht der Facharzt.
Frontotemporale Demenz: Sie betrifft die Frontallappen des Gehirns. „Symptome dafür sind unter anderem Persönlichkeitsveränderungen, Sprachstörungen und Verhaltensauffälligkeiten.“
An einer Demenz erkrankte Personen werden vergesslich und haben Schwierigkeiten, sich an Ereignisse und Informationen zu erinnern. „Es herrscht Verwirrung über die Zeit, den Ort und bezüglich der eigenen Person. Betroffene haben Schwierigkeiten beim Finden der richtigen Wörter oder dem Verstehen von Sprache, sie können antriebslos und müde werden sowie das Interesse an Hobbys und anderen sozialen Aktivitäten verlieren“, erläutert Andreas Trupp das klinische Bild, das auch die Angehörigen massiv fordert. Sie sind wichtig für die Diagnose einer Demenz. „Denn das ist ein komplexer Prozess, der verschiedene Schritte umfasst. Die Anamnese beispielsweise. Dahinter verbirgt sich eine sorgfältige Erhebung der Krankengeschichte. Dabei können die Angehörigen helfen. Aber auch eine klinische Untersuchung, neuropsychologische Tests, die die kognitiven Fähigkeiten bewerten, bildgebende Verfahren wie das CT, MRT zur Abschlussdiagnostik und Laboruntersuchungen zum Ausschluss anderer Erkrankungen gehören zur Diagnostik“, erläutert der Chefarzt. „Die Diagnose wird dann in der Regel von einem Neurologen oder Psychiater gestellt.“
Behandlung und Therapie der Demenz
Symptomatische Behandlung: Diese Therapie konzentriert sich auf die Linderung von Symptomen wie Gedächtnisstörungen, Orientierungslosigkeit, Verhaltensauffälligkeiten und Stimmungsschwankungen, erklärt Chefarzt Trupp.
Medikamentöse Therapie: Zwar sei eine Demenz nicht heilbar, so der Facharzt, aber es stünden Medikamente zur Verfügung, die die Symptome der Demenz lindern und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern können.
Nicht medikamentöse Therapie: „Neben medikamentösen Therapien spielen nicht-medikamentöse Ansätze in der Medizin ebenfalls eine wichtige Rolle, um die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu verbessern“, stellt Andreas Trupp in Aussicht. Dazu würden regelmäßige Bewegung, die soziale Interaktion, also der Kontakt zu anderen Menschen, und die Teilnahme an sozialen Aktivitäten genauso gehören wie die kognitive Stimulation – und zwar Gehirntraining und Gedächtnisübungen wie Rätsel lösen, Lesen, Musik hören oder Spiele spielen. Um die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern und die Selbstständigkeit zu fördern, sei eine sinnvolle Beschäftigung ratsam. „Also Aktivitäten, die dem Erkrankten Freude bereiten und seine persönlichen Interessen berücksichtigen.“
Grundsätzlich gilt für Angehörige so früh wie möglich mit den Betroffenen ins Gespräch zu treten, wenn sie Veränderungen an ihrem Partner, ihrer Partnerin, Mutter oder Vater bemerken und schließlich ärztlichen Rat einzuholen, empfiehlt der Facharzt.
Text: U. Hertzfeldt / Fotos: pixabay; AMEOS