Adipositas: Wie gefährlich ist Fettleibigkeit wirklich?

Der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin Dipl.- Med. Anh Tuan Trinh erklärt, welche Krankheiten durch zu viel Körperfett entstehen können.

Jeder vierte Erwachsene in Deutschland ist adipös, weiß Anh Tuan Trinh, Chefarzt der Ueckermünder AMEOS Klinik für Innere Medizin, zu berichten. Eine Entwicklung, die besorgniserregend ist, findet der Mediziner. Denn Fettleibigkeit ist ein Risikofaktor für viele Erkrankungen, erklärt er. Die Ursachen für zu viel Gewicht können genetisch bedingt sein oder durch Medikamente hervorgerufen werden. Häufig aber sind ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel schuld an dieser chronischen Erkrankung.
Was ist Adipositas?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) nach dem sogenannten Körpermasse-Index (Body-Mass-Index = BMI). Dieser errechnet sich durch die Formel Körpergewicht (in Kilogramm) geteilt durch Körpergröße (in Metern) zum Quadrat, erklärt der Chefarzt. Demnach sprechen die Experten von Übergewicht bei einem BMI zwischen 25 und 29,9 und ab einem BMI von 30 schließlich von Adipositas. Der BMI sei allerdings lediglich ein Anhaltspunkt bei Nicht-Sportlern. Er berücksichtige die eigene körperliche Fitness nicht.  Beispiele wären Kraftsportler und Bodybuilder.

Zusätzlich helfe jedoch auch der Taillenumfang zur groben Orientierung: „Er sollte bei Männern nicht über 94 Zentimeter und bei Frauen nicht über 80 Zentimeter liegen“, nennt Anh Tuan Trinh die zugrundeliegenden Zahlen.

Erst 2020 hat der Deutsche Bundestag Adipositas als Krankheit anerkannt. Vorher galt Fettleibigkeit als eine Gesundheitsstörung, hervorgerufen durch einen ungesunden Lebensstil.

Was sind Folgen der Fettleibigkeit?

Wer zu dick oder gar fettleibig ist, setzt sich einem größeren Risiko aus, beispielsweise an Depressionen, Herz-Kreislauf-Problemen, Bluthochdruck, Gallensteinen, einer Fettleber, Osteoporose, Diabetes sowie Krebs zu erkranken, nennt der Chefarzt nur einige der Folgeerkrankungen. „Somit kann zu viel Gewicht indirekt sogar zum Tod führen“, betont der Mediziner.

Wie ist Adipositas behandelbar?

Die  beiden großen Säulen der Behandlung bei Fettleibigkeit sind einerseits die konservative Therapie und andererseits der chirurgische Eingriff.  Operiert (Schlauchmagen oder Magenbypass) werde allerdings erst bei einem BMI ab 40 oder ab 35 mit bereits bestehenden Folgeerkrankungen. Zudem muss der OP eine konservative Therapie vorausgegangen sein. Zur sogenannten konservativen Behandlungsmethode gehören die Ernährungstherapie, die Bewegungstherapie, die Verhaltenstherapie und das Einsetzen von Medikamenten. Wobei die gesunde Ernährung und das Bewegen die effizientesten Methoden seien, um dem überschüssigen Körperfett den Kampf anzusagen, so der Mediziner. Diäten und Intervallfasten seien damit allerdings nicht gemeint, denn Studien würden zeigen, dass beides meist nur kurzfristige Effekte habe. „Mit einer Ernährungsumstellung gilt es, das Gewicht langsam zu reduzieren, um ein nachhaltiges Ergebnis zu erzielen“, betont Anh Tuan Trinh, der zusätzlich zu einer gesunden Ernährung allen Betroffenen zu viel Bewegung rät. Damit ist nicht unbedingt Joggen gemeint. Auch ausgedehnte Spaziergänge können helfen, Gewicht zu reduzieren. Kurzum: „Bewegung ist Medizin“, animiert der Chefarzt. Zwischen 150 und 300 Minuten Bewegung pro Woche seien empfehlenswert. Zudem sollte zweimal wöchentlich ein Kraft- oder Ausdauertraining dazukommen. „Dauerhaft abzunehmen, ist eine Herausforderung“,  sagt der Mediziner und weiß, dass gesunde Ernährung sowie Sport und tägliche Bewegung im stressigen Alltag oft viel Disziplin erfordern. Doch das sollte die Menschen nicht davon abhalten. Schließlich beugen sie damit vielen Krankheiten vor. Anh Tuan Trinh selbst ernährt sich gesund und treibt viel Sport. In seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Arzt beobachtet er jedoch, dass die Menschen immer dicker werden. Denn die Esskultur habe sich verändert. Die Menschen kochen weniger. Ungesunde Fertiggerichte und Fast Food stehen auf dem Tisch oder werden oft nebenbei hinuntergeschlungen. Hinzu kommt die mangelnde Bewegung.

Text: Uta Hertzfeldt / Fotos: iStock (1), AMEOS (1)

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