Lilit Aznavuryan, Chefärztin der AMEOS Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Anklam, ermutigt Betroffene, sich an einen Arzt zu wenden. Es gibt Lösungen!
Sie haben eine schwache Blase? Dann lassen Sie sich gesagt sein: Sie sind mit diesem Problem nicht allein! Millionen Menschen leiden in Deutschland an Blasenschwäche – medizinisch Harninkontinenz. Aber aus Schamgefühl sprechen viele Betroffene nicht darüber. Das kann Lilit Aznavuryan, Chefärztin der AMEOS Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Anklam, auf jeden Fall bestätigen: „Das ist immer noch ein Tabuthema.“
Trotz einer großen Dunkelziffer besagt die Statistik, dass mehr Frauen als Männer von einer Harninkontinenz betroffen sind. „Und was man auch festhalten kann, ist, dass die Betroffenen Frauen mit höherem Lebensalter zunehmen. Etwa die Hälfte aller Frauen ab 80 Jahren leiden an einer Blasenschwäche. Oft in Begleitung von Senkungsbeschwerden.“ Doch auch schwere Entbindungen können zu einer Blasenschwäche und Senkungsbeschwerden führen. „Die Frauen müssen sich mit dem unwillkürlichen Harnverlust auf keinen Fall abfinden“, betont die Gynäkologin. Denn genau das verbirgt sich hinter dem Begriff der Inkontinenz. „Das Wasserlassen ist nicht mehr kontrollierbar“, erklärt die Chefärztin.
Formen der Harninkontinenz
In der Medizin wird grob in drei Arten der Blasenschwäche unterschieden – und zwar in die Belastungsinkontinenz, die Dranginkontinenz und in die Mischinkontinenz, wenn beide Ursachen zusammen auftreten, erklärt Lilit Aznavuryan. Um die Ursache zu klären und eine passende Therapie zu finden, sei es wichtig, festzustellen, um welche Form von Inkontinenz es sich handelt.
Belastungsinkontinenz
Bei dieser Form der Harninkontinenz kommt es zu einem unwillkürlichen Verlust von Urin, sobald sich der Druck im Bauchraum erhöht. Zum Beispiel beim Niesen, Lachen, Hüpfen, Husten, beim Tragen schwerer Gegenstände oder beim Pressen während der Geburt, nennt die Chefärztin einige Beispiele. Betroffene Frauen spüren typischerweise keinen Harndrang, bevor der Urin ungewollt verloren geht.
Dranginkontinenz
Bei der Dranginkontinenz hingegen kann die Blase den Urin nicht ausreichend speichern. Schon bei einer geringen Blasenfüllung wird fälschlicherweise das Signal „Blase voll“ gegeben. Betroffene spüren also einen überfallartigen plötzlichen Harndrang, obwohl die Blase noch gar nicht voll ist, erklärt Lilit Aznavuryan. „Diesem imperativen Harndrang muss nachgegeben werden“, sagt sie. „Egal, wo Betroffene sich befinden, sie müssen sich immer erst nach einer Toilette umschauen. Sie überlegen sich außerdem genau, wo sie einkaufen gehen“, verdeutlicht die Medizinerin die belastende Einschränkung.
Mischinkontinenz
„Von einer Mischinkontinenz spricht man in der Medizin, wenn Symptome der Belastungsinkontinenz gemeinsam mit Symptomen der Dranginkontinenz auftreten“, erklärt die Gynäkologin.
Während die Belastungsinkontinenz eher bei jüngeren Frauen auftritt, leiden an der Dranginkontinenz häufig ältere Patientinnen, weiß die Chefärztin aus ihrem Klinikalltag.
„Während sich jüngere Patientinnen mit diesem Zustand eher nicht abfinden wollen, gehen ältere Frauen seltener zum Gynäkologen, um ihr Problem dort anzusprechen. Doch sie müssen sich nicht in ihren vier Wänden damit quälen“, appelliert die Chefärztin an die betroffenen Frauen. „Es gibt gute Behandlungsmöglichkeiten und ganz bestimmt immer eine Lösung.“ So sei es eine gute Idee, den Beckenboden zu trainieren. Außerdem könnten unter anderem eine Verhaltenstherapie oder auch Medikamente helfen. Sind alle konservativen Möglichkeiten ausgeschöpft, könne eine Operation in bestimmten Fällen den Leidensdruck der Frauen nehmen. „Dazu wird eine Schlinge unter der Harnröhre eingepflanzt. Sie zieht diese zusammen“, erklärt die Chefärztin eine Methode.
Wichtig sei eine richtige Diagnose auf diesem vielschichtigen Feld. Das AMEOS Klinikum Anklam bietet dafür eine komplexe Untersuchung an. Wer sich dazu beraten lassen möchte, kann gern einen Termin für die Urodynamische Sprechstunde immer mittwochs von 13 bis 15 Uhr vereinbaren. Tel. 03971 834 5200
Text: U. Hertzfeldt Foto: Adobe Stock (1) / AMEOS (1)
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