Schule nach den Corona-Ferien: Wenn eine Struktur sich neu finden muss

Corona … geht dieses doofe Virus bald wieder? Diese Frage ist in der Tat alles andere als kinderleicht zu beantworten. Wahrscheinlich nicht so schnell, schenkt man den Expertenmeinungen Glauben. Die Pandemie – was das ist, weiß inzwischen wohl jedes Kind – hat die Welt im Griff und verschont auch den Kosmos Schule nicht.

Mit dem Lockdown im März 2020 fielen die großen Schultüren in der Uecker-Randow-Region ins Schloss. Plötzlich war Schluss mit Unterricht, zumindest in seiner direkten frontalen Art und Weise. Die Mädchen und Jungen waren also plötzlich herausgerissen aus ihrem Job. Denn mit der Arbeit, wie es die Schüler von ihren Eltern kennen, vergleicht Dr. med. Manfred Blütgen, Chefarzt der Ueckermünder AMEOS Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, die Institution Schule in ihrer Bedeutung für Kinder. „Für sie ist die Schule ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens“, verdeutlicht er. Damit meint Manfred Blütgen, dass die Einrichtung der Ort ist, an dem Kinder fürs Leben lernen. Und das nicht nur durch Wissensvermittlung im Unterricht, sondern auch durch soziale Kontakte. Der Chefarzt spricht in diesem Zusammenhang von einer Peergroup. Darunter verstehen Experten eine Gruppe von etwa gleichaltrigen Kindern oder Jugendlichen, die als primäre soziale Bezugsgruppe neben dem Elternhaus gilt.

Mit dem verordneten Lockdown war die so wichtige Schulstruktur plötzlich weg. „Eltern mussten die Schule, die Lehrer und die Freunde ersetzen“, so der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Ein Umstand, der sicher leicht zur Überforderung führen könnte. Mütter und Väter mussten ihren Lebensalltag größtenteils komplett umstellen. Sie müssen ihren Kindern erklären, warum das alles notwendig war und ist. Hier stehen sachliche Informationen im Vordergrund, was warum zu tun ist, um das Virus einzudämmen. Ratsam sei es nämlich, so Manfred Blütgen, den Kindern und Jugendlichen eine Perspektive mit auf den Weg zu geben. Nach dem Motto: Wenn Hygienestandards und Abstandsregeln eingehalten werden, bestehe die Chance, dem Virus die Stirn zu bieten und es irgendwann zu bekämpfen. Denn der Kampf gegen Covid-19 dauert für die Jüngsten gefühlt schon viel länger, als für einen erwachsenen Menschen, erklärt der Facharzt. Das könne jeder bei seiner Wahrnehmung von Zeit mit zunehmendem Alter überprüfen. „Wie lange kamen uns als Kind die Sommerferien vor und wie schnell ist heute für uns im Sommer schon fast Weihnachten“, vergleicht Manfred Blütgen die unterschiedlichen Wahrnehmungen. Kinder leben viel stärker im Moment und der Moment Corona wird für sie deshalb gefühlt noch eine ziemlich lange Zeit andauern. 

Schule während der Pandemie – eine Herausforderung

Nach monatelangem Lockdown und den Sommerferien öffneten auch in M-V die Schulen ganz regulär wieder. Aber an Normalität ist wohl noch lange nicht zu denken, befürchtet Manfred Blütgen. Jede Schule, jeder Direktor, jeder Lehrer möchte alles richtig machen. Neben der Wissensvermittlung ist heute sicher mehr denn je der soziale Aspekt gefordert. Denn auch Kinder plagen während der Pandemie Ängste in unterschiedlicher Ausprägung. In Familien, bei denen die Eltern eine starke Corona-Angst haben, überträgt sich das sicher auch auf die Kinder. Mütter und Väter hingegen, die der Ansteckungsgefahr mit einem gesunden Respekt begegnen, schützen ihre Kinder vor derartigen Angstgefühlen. Dinge, mit denen sich Lehrerinnen und Lehrer heute auseinandersetzen müssen. Genauso wie mit der Einhaltung von Hygienestandards und mit Abstandsregeln.
Sicher keine einfache Aufgabe, je jünger die Kinder sind, so der Chefarzt, der sich nicht so recht vorstellen kann, wie die Pausen auf dem Schulhof in Zukunft aussehen sollen. 

Sollte in der Klasse sogar ein Covid-19-Fall auftreten oder sich gar weitere Kinder anstecken, wird sich der Lehrer die quälende Frage stellen, ob er auf alles Notwendige geachtet hat, so die Vermutung des Arztes. Eine Schulstruktur, die sich also aufgrund der Pandemie neu erfinden muss. „Diesbezüglich sind Eltern, Schüler und Lehrer gemeinsam gefordert.“ Masken im Schulbus, Abstands- und Hygieneregeln – all das ist neu im Schulalltag. Aber eines steht fest, so der Chefarzt: „Die Schule musste wieder starten. Diese Struktur ist für die Grundausbildung und die gesunde Entwicklung der Kinder unerlässlich.“ 

Deshalb rät Manfred Blütgen Eltern zu einem gesunden Optimismus in diesen außergewöhnlichen Zeiten. „Gönnen Sie Ihren Kindern ruhig mal eine mediale Pause und überschütten Sie sie nicht ständig mit neuesten Corona-Nachrichten“, empfiehlt der Facharzt. 

Von Uta Bilaczewski

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